Behavioural Insights in Österreich und der Welt
Im Zuge des Jubiläumsjahres zum 60-jährigen Bestehen des IHS fand am 2. Oktober eine Veranstaltung der Forschungsgruppe Verhaltensökonomie statt. In einer Reihe von Vorträgen und anhand von Beispielen wurden die Entwicklung der Praxisanwendung von Erkenntnissen aus den Verhaltenswissenschaften („Behavioural Insights“) in Österreich und international beleuchtet.
Nach einer Begrüßung von Forschungsgruppenleiterin Katharina Gangl, gab zunächst Senior Researcher Florian Spitzer eine Einführung, wie Behavioral Insights in der Praxis umgesetzt werden können mit dem Ziel menschliches Verhalten zum Positiven zu verändern. Anhand eines von der Gruppe verwendeten fünfstufigen Prozesses zeigte er auf, wie ein umfassendes Verständnis der bestimmenden Faktoren menschlichen Verhaltens dabei helfen kann, Maßnahmen zur Verhaltensänderung zu designen. Eingegangen wurde auch auf die Notwendigkeit, Maßnahmen im Rahmen von randomisiert-kontrollierten Studien im Hinblick auf ihre Wirksamkeit zu testen. Abschließend gab er einen Überblick über die institutionelle Entwicklung des Ansatzes international und in Österreich und strich dabei die Vorreiterrolle der Niederlande hervor.
Gastredner Thomas Dirkmaat, der Vorsitzende des niederländischen Behavioral Insights Netzwerkes (BIN) und Leiter der Behavioral Insights Einheit im niederländischen Wirtschaftsministerium, berichtete dann im Anschluss von seinen Erfahrungen und gab einen Überblick über die Entwicklung in den letzten Jahren. So beschäftigen sich in der Zwischenzeit eine beeindruckende Anzahl von ca. 200 Personen innerhalb von sämtlichen niederländischen Ministerien und Regulierungsbehörden mit der Anwendung von Behavioral Insights. Im Rahmen des Netzwerkes werden Erfahrungen ausgetauscht, Publikationen aufbereitet und Veranstaltungen organisiert. Anhand einer Reihe von Projekten zeigte er das Potenzial des Ansatzes auf und berichte wie mithilfe von Behavioral Insights Informationen zu Energiesparmaßnahmen treffsicherer an Unternehmen vermittelt, die Inanspruchnahme von Subventionen für nachhaltiges Verhalten von KMUs verbessert und Mitarbeitende in Unternehmen vor Cyberangriffen und Phishing-Angriffen geschützt werden können.
IHS-Verhaltensökonom:innen Kira Abstiens, Marcel Seifert und Florian Spitzer stellten darüber hinaus eine Reihe von Projekten der Forschungsgruppe vor, anhand derer die Bandbreite der thematischen Anwendungsbereiche verdeutlicht werden konnte. So wurden Maßnahmen zur Verbesserung der Sauberkeit in Müllbereichen in Wiener Gemeindebauten, Optimierungsmöglichkeiten der Gestaltung eines von der EU verpflichtend eingeführten Standardinformationsblatt für Pauschalreisen sowie die Frage, wie nachhaltige Finanzinvestments gefördert werden können, vorgestellt.
Abschließend gab Martin Kocher, Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft und zugleich ehemaliger wissenschaftlicher Direktor des IHS und Gründer der Forschungsgruppe Verhaltensökonomie einen Überblick über die unterschiedlichen wissenschaftlichen Strömungen, die in die Anwendung von Behavioral Insights in der Praxis einfließen. Darüber hinaus diskutierte er die Relevanz des Ansatzes für die Gestaltung politischer Maßnahmen und zeigte an einer Reihe von Beispielen, unter anderem der Ausgestaltung von Preisvergleichsportalen, wie Erkenntnisse aus den Verhaltenswissenschaften in die Politikgestaltung einfließen können. Zum Ausklang der Veranstaltung gab es bei einem Empfang im Foyer des IHS die Möglichkeit, den Abend ausklingen zu lassen und die Diskussionen fortzusetzen.