Publikation: Maturierendenbefragung 2024

Obwohl sich die Studieninformiertheit in den letzten Jahren verbessert hat, fühlen sich zahlreiche Maturierende nach wie vor unzureichend über ihre Möglichkeiten informiert. Besonders betroffen sind jene, die über weniger Unterstützung aus ihrem sozialen Umfeld verfügen oder von schulischen Beratungsangeboten nicht erreicht werden.

Die Studie ist hier abrufbar.


Ergebnisse der Befragung

Für die Untersuchung analysierten die Studienautorinnen Judith Engleder und Anna Dibiasi rund 7.000 Online-Fragebögen von Schüler:innen an Allgemeinbildenden Höheren Schulen (AHS) und Berufsbildenden Höheren Schulen (BHS) des Maturajahrgangs 2024. Die Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede im Informationsstand:

  • Studium: Rund zwei Drittel der Maturierenden fühlen sich (sehr) gut über Studienmöglichkeiten informiert.
  • Direkter Berufseinstieg: Nur 40 % geben an, über berufliche Einstiegsoptionen gut informiert zu sein.
  • Alternative Ausbildungswege: Weniger als ein Viertel kennt die Möglichkeiten einer Lehre, eines Kollegs oder anderer beruflicher Ausbildungen.

Zudem planen 14 % der Befragten eine Überbrückungszeit nach der Matura (sogenanntes Gap Year), häufig zur weiteren Orientierung.

Einflussfaktoren bei der Entscheidungsfindung 

Die Studienautorinnen heben hervor, dass die Unsicherheit in der Entscheidungsfindung insbesondere jene betrifft, die sich unzureichend informiert fühlen. Neben schulischen und externen Beratungsangeboten hat das soziale Umfeld einen erheblichen Einfluss. Eltern und Peer Groups spielen eine zentrale Rolle, doch nicht alle Maturierenden profitieren gleichermaßen davon:

  • Schüler:innen mit Eltern geringeren Bildungsniveaus – darunter überproportional viele mit Migrationshintergrund – erhalten weniger Unterstützung bei der Entscheidungsfindung.
  • Gleichzeitig fühlen sich gerade diese Gruppen von schulischen Informations- und Beratungsangeboten nicht ausreichend erreicht.
  • Während Eltern mit Migrationshintergrund eine akademische Laufbahn häufig als Aufstiegschance sehen, motivieren Akademiker:inneneltern ihre Kinder eher aus Gründen des Statuserhalts zu einem Studium.

Handlungsbedarf für bessere Bildungs- und Berufsorientierung

Die Studienautorinnen ziehen ein klares Fazit: Trotz bestehender Angebote zeigt der hohe Anteil an unsicheren Maturierenden, dass weiterer Unterstützungsbedarf besteht. Eine gezielte, flächendeckende und qualitätsvolle Beratung an Schulen, die über reine Informationsvermittlung hinausgeht, wäre ein entscheidender Hebel. Neben frühzeitiger Orientierung könnte individueller Austausch in Einzel- oder Kleingruppensettings helfen, um Bildungsentscheidungen fundierter zu treffen.

Über die Studie

Die Maturierendenbefragung 2024 ist die zweite ihrer Art nach 2022 und gibt umfassende Einblicke in die Bildungs- und Berufspläne von Schüler:innen der Abschlussklassen in Österreich. Die Studie wurde vom IHS im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung durchgeführt.

Weitere Ergebnisse im Überblick:

  • Pläne nach der Matura gegenüber 2022 kaum verändert: Auch 2024 planten 72 % der Maturierenden innerhalb von zwei Jahren nach der Matura ein Studium aufzunehmen. Die restlichen 28 % gaben an, in einen Beruf einzusteigen (13 %), eine Ausbildung aufzunehmen (4 %) oder sonstige Pläne zu verfolgen (3 %). 7 % wussten zum Befragungszeitpunkt noch nicht, wie ihr weiterer Bildungs- bzw. Berufsweg aussehen soll.
  • Sicherer Arbeitsplatz und gute Work-Life-Balance dominieren bei beruflichen Zielen, während Mitgestaltung der digitalen Zukunft nur für wenige relevant ist: Rund 70 % der Maturierenden wünschten sich für ihren zukünftigen Beruf Sicherheit und eine gute Work-Life-Balance. Der Wunsch, im Beruf die digitale Zukunft mitzugestalten, spielt mit 15 % nach wie vor nur selten eine Rolle – unter AHS-Maturierenden sogar noch seltener als 2022 (von 12 % auf 10 % gesunken).
  • Neben sozio- und bildungsbiografischen Merkmalen ist auch die Erfolgserwartung, das soziale Umfeld und Informiertheit für eine Studienaufnahme zentral: Frauen (79 %), Maturierende aus akademischem Elternhaushalt (84 %), jene mit türkischer Alltagssprache (82 %) und jene, die in größeren Städten wohnen (insbesondere Wien), planen häufiger eine Studienaufnahme. Eine besonders hohe Wahrscheinlichkeit, ein Studium aufzunehmen, hatten zudem Maturierende, die ihre Erfolgschancen in einem potenziellen Studium hoch einschätzen, jene, die an AHS maturieren, die sich über Studienmöglichkeiten gut informiert fühlten, die von Eltern und Freund:innen zu einem Studium motiviert wurden und deren Peers (fast) alle eine Studienaufnahme planen. Besonders „hinderlich“ ist hingegen der Besuch einer Bildungsanstalt für Elementarpädagogik (BAfEP) bzw. einer Bildungsanstalt für Sozialpädagogik (BASOP).
  • Pull-Faktoren sind Hauptmotive für eine Entscheidung gegen ein Studium, es zeigen sich aber auch Faktoren, die eine Studienaufnahme hemmen können („Push-Faktoren“): Wenn Maturierende kein Studium planen, stehen die Wünsche, möglichst schnell Geld zu verdienen bzw. berufstätig zu sein, im Vordergrund. Allerdings gab auch rund ein Drittel der Maturierenden an, dass ein Leben als Student:in eine finanzielle Belastung darstellen würde (dies ist v.a. für Maturierende aus nicht wohlhabendem Elternhaushalt ein Thema). Ein weiteres Drittel empfindet die Dauer eines Studiums als störend, und gut ein Viertel aller Maturierenden empfindet Aufnahmeverfahren als abschreckend, besonders häufig Frauen, die ein Studium in den Bereichen Medizin oder Gesundheit/Sozialwesen planen.

Kontakt für Rückfragen

Anna Dibiasi
+43 1 59991 289
anna.dibiasi@ihs.ac.at       

Judith Engleder
+43 1 59991 249
judith.engleder@ihs.ac.at

Die PDF-Version des Begleittexts zur Maturierendenbefragung 2024 finden Sie hier.