Adipositas verursacht bereits 8 % aller Todesfälle in Österreich – Tendenz steigend

- Knapp 4.000 Todesfälle jährlich durch Adipositas
- Knapp 5 % der Gesundheitsausgaben fließen in Behandlung von Adipositas und
Folgeerkrankungen
- Markante Reduktion der Lebenserwartung und der gesunden Lebensjahre


(Wien, 9.10.2024) Übergewicht und Adipositas sind in Österreich zunehmend verbreitet. Laut Statistik Austria sind knapp 35 % der Menschen über 15 Jahre übergewichtig (BMI ≥ 25 kg/m²), und etwa 17 % leiden an Adipositas (BMI ≥ 30 kg/m²).

Eine aktuelle Studie des Instituts für Höhere Studien Wien (IHS), die sich auf die im Jahr 2019 erhobene Situation bezieht, zeigt: Über 8 % aller Todesfälle (unter 85 Jahre) und knapp 5 % der Gesundheitsausgaben sind in Österreich auf Adipositas zurückzuführen, Tendenz steigend. Menschen, die mit 45 Jahren mit Hochrisiko-Adipositas leben, verlieren knapp 5 Lebensjahre bzw. sogar knapp 10 gesunde Lebensjahre. Allein 2019 starben nach diesen Berechnungen etwa 4.000 Menschen in Österreich an den Folgen von Adipositas. 

Expert:innen schlagen Alarm: Adipositas muss endlich als Erkrankung bewertet werden

Die österreichische Adipositas Allianz (ÖAA), ein Zusammenschluss von medizinischen Fachgesellschaften und Patient:innen-Vertreter:innen, fordert, dass Adipositas in Österreich als eigenständige Erkrankung anerkannt wird, wie von der WHO bereits definiert.

Assoz. Prof. Dr. Florian Kiefer, Endokrinologe und Stoffwechselexperte an der MedUni Wien und am Allgemeinen Krankenhaus Wien (AKH), erklärt: „Patient:innen mit Adipositas erleben häufig Schuldzuweisungen und Stigmatisierungen und leiden gleichzeitig unter den gesundheitlichen Folgen der Erkrankung, die oft mit Einschränkungen im Alltag und Berufsleben einhergehen.“

Neben diesen direkten Auswirkungen von Adipositas stehen die mittelbaren Folgen: So erhöht Adipositas signifikant das Risiko für über 100 Folgeerkrankungen, wie etwa Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder auch einige Krebserkrankungen. 

Volkswirtschaftliche Kosten von Adipositas 
Dr. Thomas Czypionka leitet am IHS die Forschungsgruppe Gesundheitsökonomik und Gesundheitspolitik und erklärt zu den Studienergebnissen: „Wir ermitteln in unserem Modell die Kosten von Adipositas und deren Folgeerkrankungen für das Gesundheits- und Sozialsystem, aber auch für die Wirtschaft in Österreich. Angesichts der Zahlen sehen wir dringenden Handlungsbedarf. Die Adipositas-Epidemie sollte nicht als Nebensächlichkeit 
abgetan werden, sie ist ein zentrales Problem für die öffentliche Gesundheit und unsere Wirtschaft.“

Auf Basis von hunderten klinisch-epidemiologischen Studien sowie aus Prävalenz- und Kostendaten konnte die wirtschaftliche Belastung durch Adipositas berechnet werden. Sie wird auf etwa € 2,3 Mrd. pro Jahr geschätzt. Rund 5 % der gesamten Gesundheitsausgaben und etwa eine halbe Million Krankenhaustage sind auf Folgeerkrankungen von Adipositas zurückzuführen. Zudem verursacht Adipositas erhebliche Ausfälle auf dem Arbeitsmarkt, die 
sich auf etwa € 480 Mio. belaufen. Die Studie schätzt, dass Adipositas jährlich zu 1,2 Mio. Krankenstandstagen und zu 5,6 % der neuen Invaliditätspensionen beiträgt.

Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen die volkswirtschaftlichen Auswirkungen von Adipositas und unterstreichen die Notwendigkeit einer verstärkten Früherkennung und gezielter therapeutischer Maßnahmen.

Dr. Florian Kiefer resümiert: „Die neue Bundesregierung wird sich in ihren gesundheitspolitischen Schwerpunktsetzungen der Realität stellen müssen, die durch die Studie nun auch für Österreich aufgezeigt wurde. Neben tausenden Todesfällen pro Jahr und den enormen Folgekosten steht das nicht quantifizierbare, aber ebenso reale Leid der Betroffenen im Alltag. Bisher existieren in unserem Gesundheitssystem jedoch nur sehr wenige
strukturierte Maßnahmen, um diesen Entwicklungen gegenzusteuern.“

Forderungen an die neue Bundesregierung
Daher fordern die ÖAA und die in ihr zusammengeschlossenen Fachgesellschaften:

  • Die Anerkennung von Adipositas als eigenständige chronische Erkrankung und entsprechende Sensibilisierung der Öffentlichkeit sowie Abbau von Stigmatisierung und Diskriminierung 
  • Die Förderung von Präventionsmaßnahmen, um die Anzahl von Neuerkrankungen zu reduzieren und Folgeerkrankungen zu begegnen 
  • Ein niederschwelliger und sozial gerechter Zugang zu leitliniengerechten Therapien für Menschen mit Adipositas 

Dr. Florian Kiefer lädt im Namen der ÖAA die kommende Regierung zum Dialog ein: „Die in der ÖAA gebündelte Expertise steht jederzeit auf Abruf bereit. Wir werden auf den bzw. die neue Ressortchef:in im Gesundheitsministerium zugehen und unsere Kompetenz für Lösungen bereitstellen – im Interesse aller Betroffenen.“


Downloads

Kontakt

Österreichische Adipositas Allianz (ÖAA)
Mag. Robert Bauer
office@adipositas.at
www.adipositas.at
Institut für Höhere Studien (IHS)
Clara Wimmer, MA
mediarelations@ihs.ac.at
www.ihs.ac.at

Die Beteiligung an dieser Presseinformation ist der ÖAA möglich dank freundlicher Unterstützung seitens Lilly - A Medicine Company.