Spotlight: Richard Sellner
Richard Sellner ist seit mehr als 10 Jahren am IHS und seit knapp einem Jahr auch Mitglied der Prognosegruppe. Er ist Teil der Forschungsgruppe Makroökonomie und Wirtschaftspolitik und erzählt im Spotlight-Interview von seinen Forschungsinteressen und der Home-Office Routine in Zeiten der Coronakrise.
Du bist Teil der Forschungsgruppe Makroökonomie und Wirtschaftspolitik, womit beschäftigst du dich in deiner täglichen Arbeit?
Die meiste Zeit meiner Arbeit verbringe ich mit Lesen (Fachliteratur und arbeitsbezogene Nachrichten), Programmieren, Berichte schreiben und forschungsbezogenen Diskussionen mit ArbeitskollegInnen. Oft geht auch noch Zeit für administrative Arbeiten und Meetings verloren.
Seit knapp einem Jahr bist du auch Mitglied der Prognosegruppe, was sind dort deine Aufgaben?
Ich bin unter anderem mit dem internationalen Konjunkturbild und der österreichischen Außenwirtschaft betraut. Daneben versuche ich mit einigen KollegInnen, wenn es die Zeit zulässt, das methodische Toolkit der IHS Prognose zu erweitern. Grundsätzlich stehe ich der Auffassung, dass sich die sozialen Handlungen einer Vielzahl von Personen (und die wirtschaftliche Entwicklung ist letztlich nichts anderes) vorhersagen lassen, aufgrund der Komplexität des Problems, eher kritisch gegenüber. Ich denke aber dennoch, dass eine regelmäßige Analyse und Reflektion der rezenten wirtschaftlichen Entwicklungen und aktuellen Lage der Welt und Österreichs eine wichtige Grundlage für die wirtschaftspolitische Maßnahmengestaltung darstellen.
Wo liegen deine Forschungsschwerpunkte?
Meine Forschungsinteressen beinhalten unter anderem Forschungs-, Innovations- und Technologiepolitik (FTI), öffentliche Infrastruktur, internationale Wirtschaft und die Evaluation wirtschaftspolitischer Maßnahmen. Ich interessiere mich aber für verschiedenste Themenfelder und Forschungsmethoden und empfinde es auch nicht als störend mich intensiv in neue Bereiche einzulesen. WissenschaftlerInnen sollten offen für Neues sein und ständig dazu lernen.
Aufgrund der aktuellen Coronavirus-Situation führen wir dieses Interview nicht Face-to-face – was sind die derzeit größten Änderungen in deinem Arbeitsalltag?
Zu den größten Veränderungen für mich zählen sicher die jetzt viel häufiger stattfindenden Videokonferenzen. Diese Kommunikationsform ist für das alltägliche Arbeitsleben schon sehr gewöhnungsbedürftig und vom Privatleben der KollegInnen wird manchmal mehr preisgegeben als einem/einer lieb ist. In der Innovationsforschung wird ja davon ausgegangen, dass persönliche Kontakte zur Verbreitung von nicht-kodifiziertem Wissen wichtig sind. Wie wichtig das in Zeiten der Digitalisierung tatsächlich noch ist, wird sich vielleicht in Zukunft anhand der derzeitigen Krise empirisch abschätzen lassen. Mir jedenfalls fehlt der persönliche, wissenschaftliche Austausch und das gelegentliche Feierabendbier mit den KollegInnen sehr.
Welche ökonomischen Auswirkungen wird die aktuelle Krise mittel- bis langfristig haben?
Da es hierzu regelmäßig Einschätzungen seitens des IHS als Institution gibt, möchte ich nicht vorgreifen und gebe dazu am besten meine persönlichen Hoffnungen wieder. Ich hoffe, dass die negativen kurz- und mittelfristigen ökonomischen Auswirkungen, vor allem für die am stärksten durch diese Krise betroffenen Personen, möglichst gut durch wirtschaftspolitische Maßnahmen abgefedert werden können. Die Wirtschaftsforschung kann hier mit evidenzbasierter Beratung einen wichtigen Beitrag leisten. Die Regierung kann diesen Prozess durch die Bereitstellung der dafür benötigten Informationen und Daten für die wissenschaftliche Forschung aktiv unterstützen. Langfristig ist zu hoffen, dass aus den Erfahrungen dieser Krise die richtigen Schlüsse gezogen und entsprechend Maßnahmen gesetzt werden, um die Resilienz des Sozialsystems nachhaltig zu stärken.
Zum Schluss noch Persönliches: Wie sieht deine Home-Office Routine derzeit aus?
Der Weg zur Arbeit ist durch die Corona-Pandemie deutlich kürzer geworden. Nach dem Aufstehen und einem kurzen kulinarischen Aufenthalt in der Küche geht es Richtung Arbeitszimmer. Dort starte ich meinen Laptop, logge mich ins VPN oder Remote Desktop ein, aktiviere Cisco Jabber, Skype und Microsoft Teams (vielen Dank an das großartige Team der IHS-IT) et voilà – ich bin am IHS. An manchen Tagen gehe ich zwischen Küche und Arbeitszimmer nochmal zurück ins Schlafzimmer und ziehe mir Hosen an. ;-)
Welche beruflichen und akademischen Stationen hattest du bevor du ans IHS gekommen bist?
Mein Magister- und Doktoratsstudium der Volkswirtschaftslehre habe ich an der WU Wien abgeschlossen. Während des Magisterstudiums war ich als Praktikant und Stipendiat am IHS tätig. Daneben hatte ich kurze Forschungsaufenthalte am Institut für Internationale Wirtschaft und dem Institut für Wirtschaftsgeographie der WU Wien und habe als Lektor für internationale Makroökonomie an der WU und für Ökonometrie an der Universität Wien unterrichtet. Als Researcher arbeite ich am IHS bereits seit mehr als 10 Jahren.