Spotlight: Sophie Fößleitner
Sophie Fößleitner ist als Gesundheitsökonomin am IHS in der Forschungsgruppe Gesundheitsökonomik und -politik tätig und arbeitet als Junior Researcher, neben der laufenden Projektarbeit, auch an ihrer Dissertation.
Du bist Gesundheitsökonomin am IHS, worum geht es in der Gesundheitsökonomie?
Prinzipiell versteht man darunter die Anwendung von ökonomischen Prinzipien auf die Gesundheit bzw. das Gesundheits- und Pflegesystem. Im Kern steht dabei die Ressourcenknappheit und es geht darum, wie die Gesellschaft mit den gegebenen Mitteln, den größtmöglichen Nutzen für die einzelne Person und die Bevölkerung als Ganzes erreichen kann. Die Gesundheitsökonomie ist eine interdisziplinäre Wissenschaft, die empirisch belegte Entscheidungshilfen für die Gesundheits- und Wirtschaftspolitik liefert.
Hast du dafür Beispiele?
Die Gesundheitsökonomie umfasst ein sehr großes Themenspektrum und beschäftigt sich zum Beispiel mit der Evaluierung von neuen Medikamenten und Therapien oder gesundheitspolitischen Fragestellungen wie den gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Folgen von Rauchen. Aber auch die bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung oder die Sicherstellung von Qualität in der Gesundheitsversorgung spielen eine wichtige Rolle.
In welchen Bereichen arbeitest du?
Ich beschäftige mich insbesondere mit Versorgungforschung, gesundheitspolitischen Fragestellungen und den Wechselwirkungen zwischen Gesellschaft und Gesundheit. Dabei versuche ich, mir die sozialwissenschaftlichen Aspekte der Gesundheitsökonomie anzuschauen, immer im Hinblick darauf, wie man die bestmögliche und eine bedarfsgerechte Versorgung für alle Personen sicherstellen kann. Insbesondere interessieren mich ungerechtfertigte Unterschiede in der Gesundheitsversorgung. Es ist wichtig, diese zu entdecken und zu verstehen, um darauf aufbauend Lösungsstrategien entwickeln zu können. Selbst in einem gutem Gesundheitssystem wie dem österreichischen gibt es ungerechtfertigte Unterschiede in der Gesundheitsversorgung, etwa wenn es um die sogenannte Zwei-Klassen-Medizin geht.
Im Herbst bist du für deine Masterarbeit mit einem Preis ausgezeichnet worden, was war dein Thema?
Ich habe die große Ehre gehabt, im Oktober den Eduard-März Preis im Rahmen der Young Economists Conference der Arbeiterkammer zu erhalten. Im Rahmen der Masterarbeit habe ich mich mit der regionalen Variation in der österreichischen Gesundheitsversorgung beschäftigt und mir dabei vor allem die Unterschiede bei den Gesundheitsausgaben der Sozialversicherung zwischen den einzelnen Bezirken in Österreich angesehen. Dabei habe ich herausgefunden, dass sich in Österreich die Ausgaben auf Bezirksebene unterscheiden und zwischen 50 Prozent unter dem Durchschnitt und 30 Prozent über dem Durchschnitt schwanken.
Woher kommen diese Unterschiede?
Die Höhe der Gesundheitsausgaben wird in Österreich durch sozioökonomische und demografische Faktoren bestimmt, vor allem durch Geschlecht, Alter, Einkommen und die Arbeitslosenrate im Bezirk. Das heißt, je älter, weiblicher und ärmer ein Bezirk ist und je höher die Arbeitslosenrate ist, desto höher sind die Gesundheitsausgaben. Das Ergebnis der Arbeit entspricht dabei den theoretischen Erwartungen, da es in einem Gesundheitssystem wie dem österreichischen nur Unterschiede aufgrund der Nachfrage geben sollte.
Du bist Junior Researcher am IHS und arbeitest parallel zur Anstellung an deinem Doktorat, was ist das Thema der Dissertation?
Genau, ich mache mein Doktoratsstudium am Institut für Sozioökonomie an der Wirtschaftsuniversität Wien. Meine Dissertation baut auf meiner Masterarbeit auf und ich schaue mir Ungleichheiten in der österreichischen Gesundheitsversorgung an. Insbesondere beschäftige ich mich mit dem Zugang zu Gesundheitsleistungen und dem Einfluss von sozialen Determinanten auf die Gesundheit. Ich schaue mir also an, wie sich zum Beispiel Bildung auf die Höhe der Gesundheitsausgaben auswirkt und welche Zugangsbarrieren in der Versorgung bestehen. Dazu bleibt mir neben der Projektarbeit am IHS auch Zeit für meine eigene Forschung.
Was sind die positiven Aspekte deiner Forschungsarbeit, wo liegen die Herausforderungen?
Positiv ist auf jeden Fall das abwechslungsreiche Themengebiet. Die Zeiteinteilung ist flexibel und man hat zumindest den Glauben, dass man mit seiner Arbeit auch gesellschaftlich etwas beitragen kann. Im Gegenzug gibt es durch die Projektarbeit natürlich auch sehr stressige und arbeitsintensive Phasen. Teilweise kommt dann Frust dazu, etwa wenn Erkenntnisse keinen Eingang in die Politik finden. Als Junior Researcher steht man zudem vor der Herausforderung, Projektarbeit und Dissertation gleichzeitig zu machen. Teilweise gibt es natürlich Wechselwirkungen, oft ist es aber schwer, auch genügend Zeit für die eigene Forschung zu finden.
Gibt es Themen, mit denen du dich in Zukunft stärker beschäftigen möchtest?
Ich würde gerne noch mehr zu den Wechselwirkungen zwischen Gesellschaft und Gesundheit arbeiten. In diesem Zusammenhang arbeite ich momentan zusammen mit der Forschungsgruppe Science, Technology and Social Transformation an dem ERA PerMed-Projekt POPEYE. Dabei geht es darum, wie sich neue Therapien auf die PatientInnen, aber auch auf alle anderen Beschäftigten im Gesundheitswesen auswirken können. Zu solchen sozialwissenschaftlichen Aspekten würde ich auch in Zukunft gerne noch mehr forschen.
Danke für das Gespräch!