Investitionen in nachhaltige Mobilität zahlen sich aus

Autorinnen: Elisabeth Laa und Kerstin Plank

Seit 1. Oktober 2022 ist die CO2-Bepreisung in Österreich nun in Kraft, nachdem die Einführung aufgrund der hohen Energiepreise um einige Monate nach hinten verschoben wurde. Obwohl diese Erhöhung der Treibstoffpreise bereits zu Unmut in der Bevölkerung führen kann, ist der aktuelle CO2-Preis bei weitem nicht hoch genug angesetzt, um die vom Verkehr verursachten externen Kosten realistisch einzupreisen. Im folgenden Artikel thematisieren wir die Rolle des Verkehrssektors als großen Verursacher von Treibhausgasemissionen sowie weitere negative Effekte der individuellen motorisierten Personenmobilität und zeigen auf, warum sich Investitionen in nachhaltige Mobilitätsformen auszahlen und welche konkreten Ansatzpunkte es dafür gibt.


 

Mit einem Anteil von etwa 30 Prozent an den Treibhausgasemissionen 2019 zählt der Verkehrssektor zu den größten Treibern von CO2-Emissionen in Österreich. Seit 1990 sind die Emissionen des Verkehrs im Unterschied zu vielen anderen Branchen stark gestiegen und verbuchen laut Treibhausgasbilanz 2019 des Umweltbundesamts mit rund 24 Mio. emittierten Tonnen CO2-Äquivalent einen Anstieg um 74,4 %. Die Umgestaltung des Verkehrssektors ist daher ein wesentlicher Baustein auf dem Weg zur österreichischen Klimaneutralität bis 2040 und zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens von 2015. Für die Reduktion der Treibhausgasemissionen des Verkehrs einerseits und die Verringerung der Abhängigkeit von Importen fossiler Treibstoffe andererseits sind umfassende Investitionen in nachhaltige Mobilität notwendig. Besonders im ländlichen Raum sollten ausreichend Angebote vorhanden sein, damit es für die Bürger:innen möglich ist sich klimafreundlich und kostengünstig fortzubewegen, ohne auf ein privates Auto angewiesen zu sein.

Eine ökologisch und sozial nachhaltigere Gestaltung von Mobilität verlangt einen Ausbau des öffentlichen Verkehrs, aber auch die Stärkung von aktiven Mobilitätsformen wie Radfahren und Zu-Fuß-gehen, die zusätzlich zum gesundheitlichen Wohlbefinden beitragen.

Eine zunehmende Abkehr vom motorisierten und meist auf fossilen Treibstoffen basierenden Individualverkehr (MIV) leistet nicht nur einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz, sondern reduziert zudem eine Reihe an weiteren negativen externen Effekten, die mit dem Verkehr einhergehen und mithilfe des ökonomischen Ansatzes der externen Kosten in Geldwerte übersetzt werden können.

Externe Kosten des Verkehrs

Das Konzept der externen Kosten beschreibt in der Ökonomie jene Kosten, die nicht allein von den Verursacher:innen selbst getragen werden.

Der Begriff findet häufig für negative Folgen in den Bereichen Umwelt sowie bei psychischer und physischer Gesundheit Verwendung.

Auch der Verkehrssektor verursacht negative Effekte, die zumindest zum Teil von Dritten oder Teilen der Gesellschaft getragen werden, die oft selbst kein Auto besitzen oder in besonders exponierten Gegenden wohnen, wie etwa an hochfrequentierten Straßen.

Zu den negativen externen Effekten zählen neben den bereits erwähnten Klimafolgeschäden durch CO2-Emissionen unter anderem Schäden durch Luftverschmutzung, Unfälle, Lärm, Staus, weitere Emissionen durch Produktion und Vertrieb der Fahrzeuge (well-to-tank emissions) und negative Gesundheitseffekte, wie das Handbuch externer Kosten im Transport der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2019 zeigt.

Die Quantifizierung externer Kosten in Form von Geldwerten ist der Versuch einer Annäherung an die tatsächlichen Schäden, die durch den Verkehrssektor entstehen. Die Einsparung eines Anteils dieser nicht berücksichtigten Kosten stellt wiederum einen indirekten und ansonsten unsichtbaren Nutzen dar, den die Reduktion der auf fossilen Treibstoffen basierenden Personenmobilität durch Investition in nachhaltigere Mobilität mit sich bringt. Dazu zählen Investitionen in die Haltestellendichte und Frequenz des öffentlichen Verkehrs, sowie der Ausbau von Infrastruktur für Radfahrende und Zu-Fuß-Gehende.

Szenario zur Dekarbonisierung des Verkehrssekttors

Eine aktuelle Studie der Forschungsgruppe „Regionalwissenschaft und Umweltforschung“ des Instituts für Höhere Studien (IHS) in Kooperation mit Forscher:innen des Instituts für Verkehrswissenschaften der TU Wien von Plank et al. führte eine um externe Kosten erweiterte gesellschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse von Investitionen in nachhaltige Personenmobilität in Österreich durch.

Im Rahmen der Studie wurde ein konkretes Szenario zur Dekarbonisierung des österreichischen Verkehrssekttors bis 2040 im Betrachtungszeitraum 2022 bis 2040 berechnet. Den Kosten für einen Mix an Maßnahmen, sprich Investitionen in den Verkehrssektor, in der Höhe von 50,2 Milliarden Euro wurde der Nutzen durch Einsparungen von externen Kosten und vermiedenen Emissionszertifikaten gegenübergestellt, der sich je nach gewähltem CO2-Preis zwischen rund 44 Milliarden Euro und 54 Milliarden Euro bewegt. (Sollte Österreich seine Emissionen bis 2030 nicht ausreichend reduzieren, muss die Differenz mittels zusätzlicher Emissionszertifikate ausgeglichen werden. Der Zukauf dieser Zertifikate kann bei Erreichung der Reduktionsziele eingespart werden.)

Die Abbildung zeigt die Anteile der einzelnen Faktoren an den gesamten eingesparten externen Kosten, die miteinbezogen wurden. Als größter Kostenpunkt und damit größter Nutzen stellten sich laut den Berechnungen der Studie die vermiedenen Unfallkosten aufgrund einer Reduktion an gefahrenen Personenkilometern heraus. Das kann vor allem auf die hohe Anzahl an Fatalitäten bei Motorradfahrer:innen zurückgeführt werden. Ein weiterer großer Nutzen ergibt sich zudem durch den Rückgang an Staus, die in klassischen Kosten-Nutzen-Analysen eine große Rolle spielen.

Dabei betreffen negative externe Effekte des Verkehrs die städtische Bevölkerung im Schnitt stärker als die ländliche Bevölkerung, wie Matthey und Bünger in der Methodenkonvention 3.1 des Umweltbundesamtes Deutschland zur Ermittlung von Umweltkosten bestätigen. Das trifft vor allem auf jenen Bevölkerungsanteil zu, der im dicht verbauten städtischen Gebiet mit hohem Verkehrsaufkommen lebt.

Die eingesparten externen Kosten durch vermiedene Klimafolgeschäden hängen in genauem Umfang und Höhe des Anteils an den gesamten externen Kosten stark von der gewählten Bewertungsmethode und dem damit einhergehenden CO2-Preis ab.

Ein höherer CO2-Preis spiegelt demnach die höheren Klimafolgeschäden und einen größeren eingesparten Nutzen wider, bei einem niedrigeren CO2-Preis sinkt der Nutzen und der Anteil der Klimafolgeschäden an den eingesparten Kosten. Dabei ist es wichtig hervorzuheben, dass es in der Literatur ein breites Spektrum an Schätzungen für einen adäquaten CO2-Preis gibt, wobei der in Österreich eingeführte CO2-Preis im internationalen Vergleich am untersten Ende eingeordnet ist.

Bedeutung eines adäquaten CO2-Preises

Wie sich in der erwähnten Studie gezeigt hat, spielt die Höhe des gewählten CO2-Preises eine sehr große Rolle für die Bewertung der zu erwartenden Klimafolgeschäden und dadurch im Umkehrschluss der Bewertung des Nutzens, der durch eine Emissionsreduktion zu erwarten ist.

Der in der Studie gewählte Preis für Klimafolgeschäden basiert auf Empfehlungen der Methodenkonvention des Umweltbundesamtes Deutschland und liegt bei einer Gleichgewichtung zukünftiger Schäden bei 680 Euro pro Tonne CO2 und bei einer Abwertung von zukünftigen Schäden (Diskontierung) mit einer Rate von 1 % bei 185 Euro.

Eine aktuelle Studie zur Quantifizierung der Social Costs of Carbon (SCC) von Rennert et al. zeigt, dass der aktuell von der US-Regierung verwendete SCC in der Höhe von 51 Dollar pro Tonne, der unter anderem Eingang in Kosten-Nutzen-Analysen findet, eine grobe Unterbewertung der Kosten darstellt.

Mit aktualisierten Modellen und unter Einbeziehung aktueller Forschungserkenntnisse kommen die Autor:innen bei einer Diskontierungsrate von 2% ebenso zu einem geschätzten Preis von 185 Dollar pro Tonne. Dieser Wert stellt laut den Forscher:innen mit hoher Wahrscheinlichkeit immer noch eine Unterbewertung dar, da beispielsweise negative Effekte auf Biodiversität und Arbeitsproduktivität noch nicht berücksichtigt wurden.

Der von der österreichischen Regierung eingeführte CO2-Preis von 30 Euro pro Tonne liegt also weit unter diesen Empfehlungen und schafft es daher nur bedingt die externen Kosten einzupreisen und Kostenwahrheit zu schaffen. An den Tankstellen führt ein Preis von 30 Euro pro Tonne laut Berechnungen der österreichischen Energieagentur zu einem Preisanstieg bei Benzin um 7,2 und bei Diesel um 8 Cent pro Liter. Dieser Preisanstieg liegt auch weit unter dem Anstieg, der unter anderem durch den Krieg in der Ukraine ausgelöst wurde. Eine Verringerung der Nachfrage durch öffentlichen Verkehr könnte gerade auch in Mangelsituationen den Preis reduzieren.

Die Wahl eines adäquaten CO2-Preises spielt eine wichtige Rolle auf der übergeordneten politischen Ebene und kann dabei helfen die Verkehrswende durch eine lenkende Wirkung voranzutreiben. Was aber können Gemeinden und andere wichtige Akteur:innen konkret tun, um nachhaltige Mobilitätsformen zu fördern?

Lokale Chancen

Auf lokaler Ebene gibt es viele Möglichkeiten aktiv zu werden. Dazu zählen beispielsweise Maßnahmen für den Ausbau der Radinfrastruktur auf allen Ebenen. Zu diesen Maßnahmen gehören der Ausbau von Radwegen, die Markierung von Radfahrstreifen, die Errichtung von Fahrradstraßen, Fahrradbügeln und überdachten Fahrradabstellplätzen, die Anschaffung von Dienstfahrrädern, das Anstellen von Radverkehrskoordinator:innen, die Optimierung der Räumzeit bei Ampeln, sowie Baumpflanzungen für einen fahrradfreundlichen Rückbau oder auch betriebliche Mobilitätsmanagementberatungen durch Gemeinden. Der übersichtliche Leitfaden des BMVIT aus dem Jahr 2017 gibt dabei einen guten Überblick über kosteneffiziente Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs in Gemeinden. Für die Attraktivierung und den Ausbau des öffentlichen Verkehrs empfiehlt es sich sowohl die Haltestellendichte als auch die Frequenz der Verkehrsmittel zu erhöhen. Der Ausbau der Radinfrastruktur hat sich im Zuge der Studie als besonders kosteneffizient herausgestellt, ebenso wie der Ausbau des Busverkehrs. Für den Pendlerverkehr aus dem ländlichen Raum ist zudem ein attraktiver Zugverkehr entscheidend, der auch die Mobilität zu den Haupthaltestellen der Bahnlinien berücksichtigt.

Zusätzlich spielen auch Entwicklungen eine Rolle, die sich nicht rein auf den Verkehrssektor beschränken, wie etwa eine verdichtete Bauweise bei Neubauten. Auch die Etablierung von E-Mobilität, beispielsweise durch die Errichtung von E-Tankstellen und der Etablierung von E-Car-Sharing in der Gemeinde, Parkprivilegien, Steuerbegünstigungen und Investitionsförderungen, die auf den nicht vermeidbaren Berufsverkehr abzielen sollten, können zur Emissionsreduktion beitragen. Es gibt also eine Vielzahl an Möglichkeiten, um ein aktiver Teil der Verkehrswende zu sein. Die Einführung des CO2-Preises soll einen ersten Impuls in diese Richtung geben, genauso wie die Preisgestaltung für den öffentlichen Verkehr, beispielsweise über das Klimaticket. Auch die Einnahmen durch die CO2-Bepreisung werden über den Klimabonus pro Kopf zurückverteilt. Dabei ist für das Jahr 2023 geplant, dass Einwohner:innen ländlicher Gemeinden mit Basiserschließung 200 Euro pro Jahr erhalten, während Einwohner:innen urbaner Zentren 100 Euro ausgezahlt wird. Nur wenn der Verkehrssektor seinen Beitrag zur Reduktion der Treibhausgase beiträgt, haben wir eine Chance, die Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen. Investitionen in nachhaltige Personenmobilität zahlen sich unter Berücksichtigung der dadurch eingesparten externen Kosten aus und dienen zugleich als wichtiger Baustein zu einer Reduktion der Abhängigkeit von importierten fossilen Treibstoffen.

Der Blogbeitrag wurde am 11. Oktober auf kommunal.at veröffentlicht