Wer soll bei einer CO2-Steuer zahlen? Und wer zahlt schon jetzt?
AutorInnen: Kerstin Plank, Alexander Schnabl und Lorenz Wimmer
Die EU-Staaten wollen bis 2030 ihren CO2-Ausstoß um 55% senken, verglichen mit dem Niveau von 1990. Eine CO2 Steuer kann als Instrument dienen, dieses Ziel zu erreichen. Doch es ist Vorsicht geboten, denn die österreichischen Haushalte könnten im Vergleich zur Wirtschaft besonders stark belastet werden. Bei den bestehenden Energie- und Verkehrssteuern ist das jetzt schon der Fall. Das Institut für Höhere Studien (IHS) hat die Lage auf sektoraler Ebene analysiert.
CO2-Emissionen werden bereits besteuert
CO2-Steuern sind keine Zukunftsmusik. Sie existieren in Österreich implizit durch die bestehenden Energie- und Verkehrssteuern schon jetzt und summierten sich im Jahr 2018 auf fast 5,3 Mrd. Euro. So fallen beispielsweise bei der Zulassung von Neuwagen Steuern an, für jeden Liter Kraftstoff muss Mineralölsteuer bezahlt werden, und ein Teil der Unternehmen muss sich mit CO2-Emissionszertifikaten eindecken.
Eine neue Studie des IHS im Auftrag der AK Wien ordnet diese impliziten CO2-Steuern nun erstmals gesamthaft den österreichischen Wirtschaftssektoren und den Haushalten zu. Die Studie erfasst dabei nicht nur die direkte Belastung der Sektoren, sondern auch die indirekte Belastung durch die implizite CO2-Besteuerung von Vorleistungsgütern.
Die kumulierten direkten und indirekten Belastungen geben unter bestimmten Annahmen wieder, was die einzelnen Wirtschaftssektoren und die Haushalte bereits an CO2-Steuern zahlen. Es zeigt sich, dass die Haushalte pro ausgestoßener Tonne CO2 157 Euro an Verkehrs- und Energiesteuern zahlen – das ist 35-mal so viel wie der Energiesektor für die gleiche Emission bezahlt. Besonders wenig zahlen neben dem Energiesektor auch der Bergbau, die Warenproduktion und die Exportwirtschaft. Die relativ niedrigen Abgaben im Exportsektor können als versteckte Exportsubvention verstanden werden.
Teilweise ergeben sich diese Unterschiede durch Steuerbefreiungen, die in direktem Zusammenhang mit den Energie- und Verkehrssteuern stehen. Es lässt sich also argumentieren, dass es sich bei diesen Steuerbegünstigungen um Förderungen handelt, die den CO2-Ausstoß in Österreich monetär begünstigen. Zusätzlich dazu lässt sich eine ganze Reihe weiterer klimaschädlicher Förderungen identifizieren, darunter beispielsweise verschiedene Strompreisprivilegien. Laut Berechnungen des IHS summieren sich die identifizierten Förderungen klimaschädlichen Verhaltens im Jahr 2018 auf rund 3,3 Mrd. Euro. Dabei zeichnet sich bei der sektoralen Verteilung dieser Förderungen wieder ein Ungleichgewicht zuungunsten der Haushalte ab. So entfällt nur etwa ein Fünftel der Förderungen auf diese, während beispielsweise der sehr kleine Luftfahrtsektor mit 434 Mio. Euro gefördert wird.
Wird die kumulierte direkte und indirekte Steuerbelastung der Haushalte durch Energiesteuern der direkten Steuerbelastung gegenübergestellt, erhält man den relativen Aufschlag für die Besteuerung jener Güter, welche die Haushalte nachfragen. Die Haushalte zahlen insgesamt etwa 30 Prozent mehr, als direkt ausgewiesen wird.
Zukunftsszenarien
Zur Senkung der CO2-Emissionen in Österreich wird auch eine Bepreisung dieser Emissionen diskutiert. Das IHS hat drei im Rahmen des CATS-Projekts des WIFO vorgeschlagene Steuerszenarien genauer betrachtet. Seitens der Politik wurde noch nicht kommuniziert, welche Emissionen einer Steuer unterworfen werden sollen. Aus diesem Grund werden die Szenarien jeweils auf Basis der gesamten und auf Basis der rein klimaschädlichen CO2-Emissionen im Jahr 2018 erstellt. Es wird berechnet, wie sich diese kurzfristig ohne Berücksichtigung von Preiseffekten und den daraus resultierenden Verhaltensanpassungen seitens der Unternehmen und Haushalte auf die Wirtschaftssektoren verteilen würden. In Szenario 1 werden die existierenden Energiesteuern beibehalten und zusätzlich 60 Euro pro ausgestoßener Tonne CO2 aufgeschlagen. In Szenario 2 wird die Energiesteuer nach dem Energiegehalt des jeweiligen Energieträgers angepasst und dazu 120 Euro pro Tonne CO2 aufgeschlagen. In Szenario 3 werden existierende Energiesteuern abgeschafft und 315 Euro pro ausgestoßener Tonne CO2 fällig. Wirtschaftssektoren wie der Energiesektor, die jetzt schon am Europäischen Emissionshandelssystem (ETS) beteiligt sind, bleiben dabei von den neuen Steuern ausgenommen.
Verglichen mit den existierenden Energiesteuern, würde die summierte direkte Belastung in der kurzen Frist jeweils um 2,2 Mrd. (Szenario 1), 5,2 Mrd. (Szenario 2) oder 6,7 Mrd. Euro (Szenario 3) ansteigen, wenn man die gesamten Emissionen in Österreich als Berechnungsgrundlage heranzieht. Würden nur die klimaschädlichen Emissionen besteuert, so beläuft sich die direkte Mehrbelastung je nach Szenario auf 1,5 Mrd., 3,1 Mrd. oder 3,4 Mrd. Euro. Die Haushalte würden in allen Szenarien, unabhängig von der Steuerbasis, mehr als die Hälfte der Steuerlast stemmen. Es ist anzunehmen, dass sich die Steuerbelastung in der langen Frist vermindern würde, da Unternehmen und Haushalte ihr Verhalten an die veränderten Preise anpassen würden.
Bei einer Betrachtung der kumulierten direkten und indirekten Belastung zeigt sich ein ähnliches Bild. Die Haushalte würden kurzfristig in allen Szenarien die Hauptlast der Mehrbelastung stemmen. Dabei ist zu beachten, dass eine Berechnung auf Basis von klimaschädlichen anstatt der gesamten CO2-Emissionen die Mehrbelastung über alle Sektoren hinweg mehr oder weniger stark reduzieren würde und sich in der langen Frist die Steuerlast aufgrund von Verhaltensanpassungen vermindern würde.
Besteuerung muss gut durchdacht sein
Die Analyse auf sektoraler Ebene zeigt, dass die Haushalte schon jetzt die Hauptlast der bestehenden CO2-relevanten Steuern in Österreich tragen, während sie von entsprechenden Förderungen kaum profitieren. Sollten sich die politischen EntscheidungsträgerInnen tatsächlich auf eine CO2-Steuer einigen, so ist – neben der Ausgestaltung der sozialen Abfederung durch Rückerstattung der Steuereinnahmen – vieles zu beachten.
- Eine gerechtere Verteilung der Belastung zwischen den einzelnen Wirtschaftssektoren und den Haushalten wäre durchaus wünschenswert. Dies würde aber eine Reform des EU-weiten ETS-Systems bzw. eine merkliche Preiserhöhung bei den dort gehandelten CO2-Zertifikaten erfordern.
- Eine Steuer sollte alle Emissionen gleich behandeln, egal von welchem Energieträger sie stammen. Im Moment wird Benzin pro Tonne CO2 zehnmal so stark besteuert wie Kohle. Bei Einführung einer Steuer sollte also diskutiert werden, ob eine komplette Neugestaltung der Energiesteuern einer reinen „On-Top-Besteuerung“ vorzuziehen wäre.
- Es ist noch unklar, welche Emissionen besteuert werden sollen. Die vorliegende Analyse zieht nur die CO2-Emissionen als Berechnungsbasis heran. Alle klimaschädlichen Gase, also beispielsweise auch Methan oder Lachgas, miteinzubeziehen, wäre aber durchaus anzudenken. Die Politik sollte hier auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse Klarheit schaffen und evaluieren, ob dies auch administrativ umsetzbar wäre.
- Es gibt viele Argumente dafür, nur klimaschädliche Emissionen als Basis für eine Steuer heranzuziehen. Die politischen EntscheidungsträgerInnen sollten aber dafür sorgen, dass dadurch keine Umgehungseffekte entstehen. So wäre es beispielsweise nicht zielführend, wenn in Zukunft aus steuerlichen Gründen statt Heizöl Holz aus gerodeten Regenwäldern verbrannt werden würde.
Der Artikel wurde im Orignal unter einer Creative-Commons-Lizenz CC BY-SA 4.0 im A&W blog veröffentlicht.