Bessere Abstimmung von Forschung mit den gesellschaftlichen Werten der EU und ihrer Mitgliedstaaten notwendig
(WIEN, 03.07.2020) In einem Artikel für die aktuelle Ausgabe des Science Magazine plädieren die beiden IHS-Senior Researcher Robert Braun und Erich Griessler, gemeinsam mit Co-AutorInnen, für eine bessere Integration ethischer und gesellschaftlicher Werte in die F&E-Politik der Europäischen Union.
Auf politischer Ebene hat die EU in mehreren Dokumenten die Notwendigkeit von mehr ethischer Verantwortung und einer besseren sozialen Verankerung von Forschung und Innovation zum Ausdruck gebracht. Zu diesem Zweck hat die Europäische Kommission in sechs thematische Verantwortungsbereiche investiert, um Forschung und gesellschaftliche Werte unter dem Titel Responsible Research and Innovation (RRI) besser in Einklang zu bringen: öffentliches Engagement, Gleichstellung der Geschlechter, wissenschaftliche Bildung und wissenschaftliche Kompetenz, offener Zugang, Ethik und Governance. Robert Braun und Erich Griessler, Senior Researcher am IHS, erklären die Hintergründe: „Eine bürgernahe und verantwortungsvolle Forschung ist notwendig, damit Europa seiner Rolle als Vorreiter einer ethisch akzeptablen und gesellschaftlich verantwortlichen Forschung gerecht werden kann. Andernfalls wird es seine Fähigkeit verlieren, die Forschung auf die Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen in einer Weise auszurichten, die mit seinen Werten vereinbar ist.“
Umsetzung von Politik in die Praxis ist nicht gelungen
In ihrem Artikel evaluierten die Wissenschafter die Integration und Umsetzung der Politik im Achten Rahmenprogramm für Forschung und Innovation in Europa (Horizon 2020), unter Anwendung eines gemischten Methodenansatzes. Auf der Grundlage von Desktop-Recherchen, Interviews und Fallstudien wurde untersucht, wie Politik für verantwortungsvolle Forschung und Innovation in von der EU finanzierte Forschungs- und Innovationspraktiken umgesetzt wurden. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Integration von Verantwortung in Forschungs- und Innovationspraktiken hinter den erklärten politischen Ambitionen der EU zurückgeblieben ist.
Neue bahnbrechende Technologien, etwa synthetische Biologie, Nanotechnologie, Gentechnik, Automatisierung, Robotik oder künstliche Intelligenz gehen mit anhaltenden und wachsenden gesellschaftlichen Bedenken über soziale und ethische Auswirkungen einher. Werden diese Bedenken in der F&E-Politik auf europäischer Ebene nicht systematisch berücksichtigt, könnte sich das Misstrauen in demokratische Institutionen verstärken, schreiben die Forscher in der aktuellen Ausgabe von Science. Durch die Integration von Verantwortung in Forschung und Innovation muss die EU ihre Rolle als führende Kraft für ethisch verhaftete Forschung und Innovation auf der Weltbühne bekräftigen. Andernfalls versäumt es Europa Forschung zu fördern, die gesellschaftliche Herausforderungen im Einklang mit seinen Werten angeht.
Hinweis
Die Ergebnisse dieser Forschung stammen aus dem von der EU finanzierten Projekt NewHoRRIzon (www.newhorrizon.eu, Projektnummer 741402), das die Umsetzung von RRI in der europäischen Forschung. Das Projekt NewHoRRIzon, koordiniert vom Institut für Advance Studies (Österreich), brachte 20 Forschungs- und Forschungsförderungsorganisationen zusammen sowie NGOs aus ganz Europa und darüber hinaus.
Kontakt
Dr. Robert Braun
braun@ihs.ac.at
Dr. Erich Griessler
egriessl@ihs.ac.at
Sascha Harold
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
mediarelations@ihs.ac.at