Spotlight: Bianca Thaler
Bianca Thaler arbeitet im Bereich der Hochschulforschung, in einem aktuellen Projekt geht es um Studierenden-Monitoring.
Du bist in der Higher Education Research Group am IHS tätig, erzähle kurz über deinen Weg ans Institut.
Ich habe während meines Soziologie Studiums eine Lehrveranstaltung von Martin Unger besucht und bin dann über eine Jobausschreibung ans IHS gekommen - zunächst als studentische Mitarbeiterin. So hat es sich relativ zufällig ergeben, dass ich in der Hochschulforschung gelandet bin. Ich konnte mich schnell für die Hochschulforschungsthemen am IHS begeistern und meine Diplomarbeit basierte dann bereits auf Daten aus einem IHS-Projekt.
Was sind rückblickend die spannenden Seiten des Hochschulbereiches?
Es gibt extrem viele spannende Themen. Ich habe bisher fast ausschließlich Projekte gemacht, die mir großen Spaß gemacht haben. Ich arbeite hauptsächlich mit großen Administrativdaten wie der Hochschulstatistik oder der Arbeitsmarktdatenbank und finde es dabei interessant mit Daten zu arbeiten, die die interessierende Grundgesamtheit vollständig umfassen. Dadurch habe ich z.B. keine Sample Probleme, wie sie bei Umfragen auftreten können. Natürlich haben Administrativdaten auch Nachteile, beispielsweise weiß ich nichts über die Gründe für Studienwahl oder -abbruch. Allerdings haben wir für diese Fragen in unserer Forschungsgruppe andere Projekte bzw. Datenquellen.
Hast du ein Beispiel für ein Projekt bei dem mit Administrativdaten gearbeitet wurde?
2014 haben wir eine Studie zum Thema Dropouts von Universitäten veröffentlicht, bei der wir die Abgänge von Universitäten und die Wege danach analysiert haben. Eine wichtige Frage war die Definition von Dropouts – z.B.: jemand, der eine Universität verlässt, aber an einer anderen Universität weiterstudiert, ist aus Sicht der ersten Universität ein Dropout, aus Systemsicht jedoch nicht. Andere (scheinbare) Dropouts kehren später wieder an die Universität zurück oder haben bereits zu einem früheren Zeitpunkt ein anderes Studium abgeschlossen – diese sind gewissermaßen AbsolventInnen und Dropouts gleichzeitig.
Gibt es Fälle in denen ihr sowohl mit Administrativ- als auch Umfragedaten arbeitet?
Ja, das ist zum Beispiel bei der Studierenden-Sozialerhebung der Fall, wo Umfragedaten und Daten der Hochschulstatistik ausgewertet werden. Es erfolgt zwar keine Verknüpfung der Daten auf Individualebene, aber auch bei einer getrennten Auswertung können die Vorteile der jeweiligen Datenquelle genutzt werden. Dadurch – und auch in Kombination mit den anderen Projekten, die wir in unserer Forschungsgruppe bearbeiten – wissen wir inzwischen recht viel über Studierende.
Derzeit arbeitet ihr an dem Projekt Studierenden-Monitoring, kannst du darüber kurz erzählen?
An dem Projekt sind, unter Leitung der Uni Graz, derzeit neun Universitäten beteiligt. Dabei geht es um die Analyse von Studienverläufen – also Erfolgsquoten, Abbruchsquoten und Verbleibsquoten. Bei Abbrüchen geht es dann in weiterer Folge darum zu klären, ob ein Wechsel in ein anderes Studium oder an eine andere Uni erfolgt ist, oder ob es sich um einen gänzlichen Abbruch handelt. Ein Thema ist auch, wie sich Erwerbstätigkeit während des Studiums auf den Studienerfolg auswirkt. Und sämtliche Auswertungen werden für alle Studienrichtungen der beteiligten Universitäten erstellt.
Welche Eigenheiten hat der österreichische Hochschulsektor?
Da fallen mir z.B. der mehr oder weniger offene Hochschulzugang, relativ viele Studierende mit verzögertem Studienbeginn, lange Studiendauern und aus (Administrativ-)Datenperspektive auch Mehrfachinskriptionen ein. Letztere erschweren auch die Berechnung von Abbruchsquoten im Vergleich mit anderen Ländern, da es in Österreich einen großen Unterschied macht, ob Abbrüche auf Personen- oder auf Studienebene gemessen werden. Personen, die ihr Studium wechseln, können in Österreich weiterhin im ursprünglichen Studium inskribiert bleiben. Dadurch tauchen sie in den Daten als Mehrfachinskriptionen und nicht als Wechsel auf. Im Projekt Studierenden-Monitoring werden wir versuchen solche Wechsel anhand ihrer Prüfungsaktivität zu identifizieren.
Du hast bereits kurz angesprochen, dass ihr in der Forschungsgruppe stark vernetzt arbeitet.
Ja und das ist auf jeden Fall ein Vorteil. Einerseits die Vernetzung der Projekte untereinander und andererseits die wechselnde Zusammensetzung der Projektteams helfen dabei, andere Perspektiven zu sehen und damit ein vollständigeres Bild zu erhalten.
Was sind im Hochschulbereich derzeit die größten Themen?
Im Moment tut sich mit der Einführung neuer Aufnahmeverfahren und der Umstellung der Hochschulfinanzierung bei den Universitäten sehr viel. Vor allem bei den Aufnahmeverfahren muss die konkrete Umsetzung beobachtet werden. Was durch die Einführung der Aufnahmeverfahren nicht passieren sollte, ist das Entstehen bzw. Verstärken sozialer Ungleichheiten. Es ist nach wie vor so, dass es für Kinder von AkademikerInnen leichter ist an eine Hochschule zu kommen und einen Abschluss zu schaffen. Zwar können Universitäten nicht alle Ungleichheiten aufheben die zwischen Kindergarten und Matura entstehen, sie sollten aber darauf achten, diese nicht noch zu verstärken und lebenslanges Lernen zu ermöglichen.
Danke für das Gespräch!
Projekt: STUDMON
Im Rahmen eines mit Hochschulraumstrukturmitteln des BMBWF geförderten Projektes wird ein Studierenden-Monitoring für und mit neun Universitäten entwickelt. Die Konzeption der Auswertungen und der dafür notwendigen Definitionen erfolgt in enger Abstimmung mit den Partneruniversitäten.