Spotlight: Elisabeth Frankus
Elisabeth Frankus ist Teil der Forschungsgruppe Technik, Wissenschaft und Gesellschaftliche Transformation, seit heuer koordiniert sie außerdem die neu eingerichtete Forschungsplattform Science Goes Public.
Was sind deine Forschungsschwerpunkte am IHS?
Ein Schwerpunkt ist das Konzept von Responsible Research und Innovation (RRI). Dabei interessiert mich zum einen die theoretische Weiterentwicklung, aber vor allem die praktische Umsetzung, d.h. insbesondere partizipative Methoden. Ein konkretes Beispiel, bei dem ich dies umsetze ist ein Projekt zur Entwicklung eines Virtual Reality-Trainings, wo es darum geht, soziale Kompetenzen zu entwickeln. Hier reflektiere ich nicht nur kritische ethische und genderspezifische Aspekte bei der Projektdurchführung, sondern bin für den Ko-Kreationsprozess verantwortlich.
Wie ist es zu dem Projekt gekommen?
Entstanden ist das mit einem sogenannten Ideen-Lab Call der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) im Sommer 2018. Die Ausschreibung war zum Thema Arbeit und Digitalisierung, ich bin gemeinsam mit ca. 30 anderen Personen aus unterschiedlichen Disziplinen ausgewählt worden an einem viereinhalbtägigen Seminar im September 2018 teilzunehmen. Dort haben wir gemeinsam interdisziplinäre Projektideen entwickelt. Am Ende des Seminars hatten wir ein Konzept, bei dem darum geht, mithilfe von Virtual Reality (VR) soziale Kompetenzen von Personen des mittleren Managements zu trainieren. In einem Ko-Kreationsprozess mit einem Unternehmen entwerfen wir Szenarien, die dann in der VR-Welt umgesetzt werden sollen. Die Workshop-Reihe, bei der die Szenarien entwickelt werden, endet im Mai 2020. Anschließend werden die Ergebnisse mit Unternehmen aus anderen Branchen getestet, das Projekt wird dann Mitte 2021 abgeschlossen.
In deiner Forschungsarbeit beschäftigst du dich auch mit dem Thema Partizipation und koordinierst die Forschungsplattform Science Goes Public - welche Aktivitäten setzt du dort?
Partizipation finde ich nicht nur als Thema, sondern auch als Methode spannend. Es geht dabei um die Einbindung von Wissen und Nicht-Wissen verschiedenster Personen zu einem bestimmten Themenbereich. Die Idee der Plattform ist, wissenschaftliche Inhalte an die Gesellschaft zu kommunizieren. Zum anderen sollen auch Inhalte aus der Gesellschaft in die Wissenschaft integrieren werden. Es geht also nicht nur ums Informieren, sondern um den Austausch zwischen Wissenschaft und Bevölkerung bzw. verschiedenen Stakeholder-Gruppen.
Eine Veranstaltung die ihr dabei umgesetzt habt, war das Josefstädter Straßenfest im September. Wie war das Feedback dazu?
Wir hatten zuerst einen Workshop zum Thema Mobilität der Zukunft in der Josefstadt, zu dem BewohnerInnen des 8. Bezirkes und Stakeholder aus dem Bereich Mobilität in Kooperation mit der Bezirksvorsteherin eingeladen wurden. Bei der Veranstaltung wurde auf lokaler Ebene diskutiert, wie man sich die Mobilität der Zukunft in der Josefstadt vorstellt und welche Herausforderungen bzw. Lösungsmöglichkeiten es dabei geben könnte. Beim Straßenfest ist es mir zum einen darum gegangen, die Türen des IHS zu öffnen und den Leuten Einblick in unsere Arbeit zu geben. Zum anderen waren die BesucherInnen eingeladen, sich mit uns zum Thema Mobilität auszutauschen, weil das auch das Thema des Straßenfestes war. Kinder hatten die Möglichkeiten, ihre Ideen zu zeichnen, Erwachsene konnten ihre Vorstellungen auf Kärtchen aufschreiben und sichtbarmachen. Das Angebot wurde sehr gut angenommen, es waren schätzungsweise 200 Personen da, die auch aktiv mitgemacht haben.
Welche Schlüsse ziehst du aus der Veranstaltung im Hinblick auf die Forschungsplattform und was sind die nächsten Schritte?
Ich finde es wichtig, den Kommunikationsfluss aufrecht zu erhalten. Das heißt auch, dass WissenschafterInnen ihre Sprache anpassen müssen, Fachausdrücke erklären sollen und zur Verfügung stehen, wenn es Fragen gibt. Das Interesse dafür wäre seitens der Bevölkerung groß. Als nächstes geplant ist die Teilnahme an der Langen Nacht der Forschung im Mai 2020. Ich habe dabei die inhaltliche Verantwortung und möchte einen ersten Prototyp für das VR-Training zu Verfügung stellen, den die Leute ausprobieren können. Es wird außerdem wieder einen Teil zum Thema Mobilität geben, darüber hinaus noch ein, zwei Vorträge.
Was interessiert dich persönlich am Thema Partizipation?
Ich bin davon überzeugt, dass Meinungen momentan sehr stark über Medien gebildet werden und ich finde, dass die Wissenschaft hier einen Beitrag leisten muss. Die Herausforderung ist dabei die schon thematisierte Sprache. WissenschafterInnen müssen aus ihrem Silo heraustreten und nicht nur mit KollegInnen sprechen, sondern mit jenen Leuten, die das jeweilige Thema interessiert und die eventuell einen anderen Zugang dazu haben. Auch die Erwartungshaltung der Bevölkerung muss stärker miteinbezogen werden, um abschätzen können, welche Informationen zur möglichst ungefärbten Meinungsbildung gebraucht werden. Ich glaube, dass Wissen Empowerment bedeutet. Je mehr die Menschen wissen, desto selbstständiger können sie sich ein Bild von den Dingen machen die für sie relevant sind, ohne dass sie Vorgekautes 1:1 übernehmen müssen.
Zum Abschluss zu deinem persönlichen Hintergrund - wie sieht dein Weg ans IHS aus?
Ich habe Soziologie und Erziehungswissenschaften studiert und 2007 in Soziologie promoviert. Danach war ich ein Jahr in Mittelamerika und habe als ich zurückgekommen bin einige Jahre in der Erwachsenenbildung gearbeitet. Dort habe ich in vielen EU-Projekten mitgearbeitet und war dann anschließend drei Jahre lang für das Innenministerium für ein Forschungsprojekt zum Umgang von PolizistInnen mit Menschen mit afrikanischem Migrationshintergrund verantwortlich. Im Anschluss bin ich dann 2015 ans IHS zur Forschungsgruppe Technik, Wissenschaft und Gesellschaftliche Transformation gekommen. Mit der Gruppe verbindet mich das große Interesse an der Frage, wie neue Technologien in die Gesellschaft integriert und dabei Meinungen abgeholt werden können. Technik soll nicht Stand-Alone, sondern stets in Verbindung mit gesellschaftlichen Entwicklungen gesehen werden.
Um auf deine tägliche Arbeit zu kommen - welche Aspekte sind für dich positiv und wo gibt es Potential für Verbesserungen?
Ich bin in sehr vielen EU-Projekten und was in unserem Geschäft per se sehr schwierig ist, ist die Finanzierung über Drittmittel. Dahinter steht viel Akquise-Arbeit, die nebenbei laufen muss und sehr zeitaufwendig ist. Es ist eine Herausforderung, das alles unter einen Hut zu bringen. Positiv ist die große Abwechslung, die durch die unterschiedlichen Projekte gegeben ist. Wir machen sehr spannende und innovative Sachen und ich habe das Gefühl, dass wir uns hier ständig weiterentwickeln und in immer neuere Bereiche gehen, die sehr gesellschaftsrelevant sind. Ich glaube auch, dass wir mit unseren Projekten für die Gesellschaft einen wichtigen Beitrag leisten.
Danke für das Gespräch!