Spotlight: Sarah Lappöhn
Sarah Lappöhn arbeitet in der Forschungsgruppe Unternehmen, Branchen, Regionen zu regionalwissenschaftlichen Fragestellungen. In ihrem Doktorat befasst sie sich mit Brasilien und untersucht die Auswirkungen verschiedener Agrarsysteme auf unterschiedliche Dimensionen von Armut und Ungleichheit.
Wie sieht die akademische Laufbahn aus, die dich ans IHS geführt hat?
Ich habe Internationale Entwicklung an der Universität Wien studiert und meinen regionalen Schwerpunkt dabei auf Lateinamerika gelegt, insbesondere auf Brasilien wo ich auch ein Auslandssemester verbracht habe.
Was war deine Motivation Internationale Entwicklung zu studieren?
Mich hat besonders interessiert, dass sehr transdisziplinär gearbeitet wird. Man schaut sich globale, nationale und regionale Ungleichheiten an und analysiert ihre historischen, wirtschaftlichen, politischen, sozialen und kulturellen Entwicklungen. Ich hatte immer ein Interesse daran, wie regionale und globale Entwicklungen miteinander verwoben sind.
Wie bist du ans IHS gekommen?
Ich habe eine Ausschreibung für eine studentische Mitarbeit in den Regionalwissenschaften gesehen und habe dann 2011 als studentische Mitarbeiterin am IHS begonnen. 2014, nach dem Ende des Studiums, wurde ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin übernommen. Seit einiger Zeit bin ich außerdem auch im Doktoratsprogramm des IHS und arbeite an meiner Dissertation.
Zu welchem Thema schreibst du deine Dissertation?
Ich befasse mich in meiner Arbeit mit Brasilien und gehe der Frage nach, wie verschiedene Agrarsysteme – etwa das auf Monokulturen und Export fokussierte, technologieintensive Agribusiness oder ein auf Vielfalt und Inlandskonsum ausgerichtetes, kleinbäuerliches und arbeitsintensives System – auf unterschiedliche Dimensionen von Armut und Ungleichheit wirken. Es geht dabei auch darum, wie unterschiedliche Agrarsysteme von der Politik und einflussreichen Akteuren gesteuert werden.
Wie bist du auf dieses Thema gekommen und warum Brasilien?
Brasilien habe ich ausgewählt, weil es einer der bedeutendsten Agrarproduzenten der Welt ist und sich dort aufgrund von historischen und geographischen Gegebenheiten verschiedene Agrarsysteme herausgebildet haben. Obwohl das Land so eine hohe Agrarproduktion hat, gibt es dort noch immer Probleme wie Unterernährung. Wenn das geplante Handelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay, Anm.) zustande kommen sollte, dann könnte das auch für uns in Österreich zunehmend interessant werden, was sich in der Landwirtschaft in Brasilien abspielt. Ich denke, dass die Landwirtschaft als Grundlage unserer Nahrungsmittel und wesentlicher Einflussfaktor für die Umwelt nicht vernachlässigt werden sollte. Gerade bei Analysen von Wirtschaftssystemen ist das aber oft der Fall.
Welchen zeitlichen Horizont hast du bei deinem Doktorat und was sind die nächsten Schritte?
Mein Vertrag fürs Doktoratsprogramm läuft noch etwas mehr als zwei Jahre, das Ziel wäre natürlich, bis dahin fertig zu sein. Ich plane einen Forschungsaufenthalt in Brasilien, bei dem ich Interviews machen werde mit verschiedenen Akteuren der Landwirtschaft. Eine Herausforderung wird auch der Zugang zu Mikrodaten für Brasilien sein.
Im Zusammenhang mit dem Doktorat hast du letztes Jahr auch eine Summer School besucht, worum ging es da?
Genau, ich habe letztes Jahr knapp drei Monate bei der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Lateinamerika und die Karibik in Chile verbracht und an einem Kurs über die dortigen Wirtschaften teilgenommen. Wir waren rund 40 Studierende und mehrere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus knapp 20 Ländern mit ganz unterschiedlichen disziplinären Hintergründen. Dort haben wir uns zu Themen wie Ungleichheit, struktureller Wandel, Innovation und Nachhaltigkeit ausgetauscht und Zukunftsperspektiven der Region diskutiert. Abschließend hatte ich dort noch einen Forschungsaufenthalt, bei dem ich mich mit den Mechanismen auseinandergesetzt habe, die die Beziehung zwischen Landwirtschaft und sozio-ökonomischen Entwicklungen formen. Das war eine interessante Erfahrung, bei der ich aber auch gemerkt habe, wie globalisiert die Forschung ist.
Was wären im Bereich der Landwirtschaft Forschungsthemen, die dich mit Bezug auf Österreich besonders interessieren würden?
Ich würde mich gerne näher mit den Fördersystemen der österreichischen Landwirtschaft und den daraus hervorgerufen Ungleichheiten auseinandersetzen. Das System ist sehr komplex und es ist gar nicht so einfach nachzuvollziehen, wer davon profitiert.
Was gefällt dir an deiner Arbeit am IHS?
Ich finde positiv, dass wir Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Ländern und Disziplinen haben, die ihre unterschiedlichen Perspektiven einbringen. Auch die Nachwuchsförderung finde ich gut, ich habe noch viel Kontakt zu den damaligen studentischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, von denen ja auch einige hiergeblieben sind. Außerdem bekommt man sehr interessante Einblicke in die Arbeit von verschiedenen Akteuren wie Ministerien, Interessensvertretungen und Unternehmen. Gerade in unserer Gruppe haben wir auch viele Einblicke in unterschiedliche Wirtschaftssektoren.
Hast du auch Verbesserungsvorschläge und was wünschst du dir für die Zukunft?
Ganz allgemein finde ich die Geheimhaltung von einigen Projekten nicht gut, es wäre schön, wenn das weniger werden würde. Um sinnvolle öffentliche Debatten führen zu können, bedarf es meiner Meinung nach mehr Transparenz bei Forschungsergebnissen. In Zukunft möchte ich stärker akademisch arbeiten, bisher habe ich ja eher anwendungsorientiert gearbeitet.
Danke für das Gespräch!